2015
täuschten die Power-Pop-Granden mit zwei hervorragenden Compilations
und einigen Konzerten ihre Rückkehr nur an, jetzt sind sie mit „Glitzer
auf Beton“ endgültig back. Mit falschen Wimpern im Handschuhfach und den
Gitarren auf dem Rücksitz straight outta Altona! Ebendort verbrachten
Alex, Timo, Hauke und Benni im Studio von Kristian Kühl (Findus) den
„Sommer“ 2016 und hauten einen Hit nach dem anderen raus. Ein
Doppelalbum hätte man machen können, aber schlussendlich wählte man die
vorliegenden 12 Songs aus (sehr gut, kann man wieder einen
Outtakes-Sampler machen, freut sich die Plattenfirma). Eine Power, ein
Druck, ein Gespür für Melodien, wie man es seit Hüsker Dü nicht mehr
gehört hat (sorry, Teenage Fanclub, euch fehlt ein bisschen die Power).
Ein Glück, dass die Jungs zurück sind. Moment mal, „Jungs“? „Wirf den
Motor an / Wir fahren raus ins Queer Love Country“, heißt es im
Titelstück. Goys und Birls, Trommelwirbel! Eine Premiere und
Überraschung: Schrottgrenze und Tapete Records präsentieren: Das wohl
erste queere Power-Pop/Punk-Album
der Musikgeschichte! (und komm uns nicht mit der Tom Robinson Band!)
Denn darum geht es auf „Glitzer auf Beton“: Um
Geschlechterkonstruktionen und die Freiheit, sie hinter sich zu lassen.
Um eine Welt, unter deren grauer Oberfläche es in allen Farben leuchtet.
Und um die Liebe natürlich, die sich sowieso nicht um Grenzen schert.
Es geht um Mut, um Unsicherheit, um Uneindeutigkeit und um Freiheit!
„Das Album richtet sich an Leute, die sich unsichtbar fühlen und auf der
Platte dann wiederfinden. Es richtet sich an alle, die die Queer
Community unterstützen. Und es richtet sich auch an Leute, die
Vorurteile und keinen Bock aufs Thema haben“, so Alex Tsitsigias, aus
dem, wann immer ihm es beliebt, Saskia Lavaux wird. (oder umgekehrt?
Egal! „Es ist gar nicht so leicht, solche komplexen Themen in Popsongs
zu erörtern“, so Alex weiter. „Wenn ich von einem binären
Geschlechtssystem spreche, ist das einfach nicht funky. Wir mussten erst
eine Form finden, in der das für uns funktioniert.“ Ist gelungen und
wird nicht nur für Schrottgrenze funktionieren, sondern für alle anderen
auch. Denn darum geht es doch im Pop: Über das schlechte Bestehende,
das Graue und das Unfreie hinausweisen, kurz gesagt: Glück versprechen.
In einer eigenen Sprache und mit eigenen Themen. Und großer Pop
entsteht, wenn dies in der Musik und im Text passiert. Oder wie sie es
selber sagen: „Wir fallen runter / Wie Glitzer auf Beton / Und malen die
Stadt so bunt / Wie wir eben sind. Chapeau, Schrottgrenze!